28.12.2011

Happy Rizzi House

Völlig unerwartet und für alle viel zu früh verstarb dieser Tage der wohl älteste aktive Schauspieler. Von vielen nicht in dem Maße beachtet, wie es vielleicht an einem anderen Tage gewesen wäre. Wir, wir Deutschen, waren halt damit beschäftigt, der maßlosen Völlerei zu frönen. Ich möchte die Aufmerksamkeit aber auf einen anderen verstorbenen richten, denn wirklich traurig ist, dass nur zwei Tage später wirklich viel zu früh und wirklich völlig unerwartet James Rizzi verstorben ist. Nur knapp halb so alt wie eben genannter Niederländer. Dem Künstler können die Braunschweiger ihr wunderbares Happy Rizzi House verdanken, das neben den tristen grauen Bunkern als wahrer Augenschmaus besticht und die hässliche Gegend um den Bohlweg um einiges aufwertet. Briefmarken, Autos und Busse sind durch ihn schon verschönert wurden. Mit seiner Malerei hat Rizzi so manches Stadtbild aus seinem Tristesseschlaf erweckt. Die Welt kann mehr bunt vertragen. Ich mochte seine Arbeit.

26.12.2011

Siebenschön Novelle

Ganz ruhig liege ich da, auf meinem Bett, Beine ausgestreckt, Arme ruhen neben dem Körper. 
Ich bin so winzig.
Ich starre zur Decke, keine Musik, keine Geräusche, ich höre die Stille. 
Ich höre meinen Atem.
Ich liege und ich bin 23, ich bin und ich liege und ich atme und ich lebe und jeden Tag ein bisschen weiter.
Die Zeit verstreicht, ich werde älter, ich gehe meinen Weg, er ist noch unberührt.
Wie Schnee und keine Fußstapfen.
Ich lebe und ich lerne, jeden Tag neues, jeden Tag bewusste Entscheidungen, so viele Für und Wider, so viel rechts, statt links, links statt rechts, aber immer voran, nie zurück.
Gedankliche Ketten jeden Tag sprengen, jeden Tag wachsen, jeden Tag altern.
Ich liege auf meinem Bett und atme und starre und denke.
Ich denke, also bin ich. Man ist, was man isst, denke ich.
Ich werde immer älter, ich werde immer besser, kein Schritt zurück, nur nach vorne, immer weiter.
Immer besser.
Warten ist keine Option, zurückschauen auch nicht, vorwärts, Marsch Marsch.
Ich denke, ich sehe Zukunft, ich sehe keine Zukunft, ich habe Angst.
Du musst lächeln, das Leben ist schön. 
Abnabeln und selber machen, reifer werden, Entscheidungen treffen, erfolgreich sein.
Der Druck ist groß, doch wo kommt er her.
Frei zu sein ist der größte Druck, denke ich, denn niemand hindert einen alles zu tun.
Alles und wiederum nichts, Freiheit lähmt.
Wo ist der Wegweiser, ich bin der Wegweiser, ich bin doch orientierungslos.
Ich liege und atme und denke und starre und überlege und wieder.
Ich möchte ans Meer, ich möchte drauf schauen und nichts sehen, nur Wasser.
Dort möchte ich sitzen und alles spüren, die Welt und mich und ich möchte denken und starren und atmen.
Ich möchte fühlen und lachen und weinen und alles auf einmal, ich möchte feiern, ich möchte tanzen, ich möchte mich fühlen.
Ich möchte Musik hören, ich möchte sie spüren und hineinkriechen und liegen und denken und immer besser werden.
Und es wird hell und ich wache auf und ich liege am Meer und bin ganz allein und schaue aufs Wasser, ich bin ganz allein, die Wolken ziehen eilig davon, der Wind zerzaust meine Haare, er braust auf und ich atme ein und schmecke die salzige Luft auf meinen Lippen.
Ich schaue auf meine Hände, mein Leben zeichnet langsam zarte Linien hinein.
Ich bin 23 Jahre alt. Erst. Schon.
Zeit wird vergehen und ich werde nicht mehr orientierungslos umherirren. 
Ich vergesse nicht.
Und ich kehre zurück, zu meinem Weg, zu meinen Wurzeln, zu meinen Idealen und ich werde mich erinnern und ich werde nichts vergessen und ich schaue noch einmal auf meine Hände und zurück zum wunderschönen, einsamen, endlosen Meer.

25.12.2011

Oma und ich

Wir sitzen beim Weihnachtsessen, der erste Verdauungsschnaps ist ausgeschenkt. Ich zeige eins meiner Geschenke. Das weiße Band von Michael Haneke. Ich frage Opa, was unter dem Titel in altdeutscher Schrift steht: eine deutsche Kindergeschichte.

Opa: Ja, wir können das ja noch einwandfrei lesen. 
Mama: Wie heißt die Schrift nochmal?
Oma: Syphilis.
Opa: Sütterlin, mensch.

24.12.2011

Unsichtbar unterwegs in Nowosibirsk

Gelacht und
geweint.
Gefeiert,
gefreut.
Gesehen, geküsst, geliebt.
Gehasst und getrunken.
Gereist,
gehofft, 
getröstet.

Liebe Leute. 12 Worte für ein Jahr. Gefühle beschreiben vergangene Zeit, leiteten sie, durchwirkten sie und machten sie unvergesslich. Jedes Gefühl ein Zeitabschnitt, eine Neuerung, dessen Wirken stets von multiplen Faktoren abhängig war, kaum zu beeinflussen. Ich ließ mich treiben durch dieses Jahr, fast Gefahr gelaufen, unsichtbar zu werden und zu verschwinden. Äußerlich wie innerlich. Warum blickt man im Dezember immer zurück auf das, was geschehen ist? Warum versucht man, in Zukunft, im neuen Jahr, alles besser zu machen? Warum will man mehr Gas geben, mehr Sport machen, mehr Gemüse essen, mehr Sex haben, mehr sehen/lernen/laufen/lachen? Stete Verbesserung sollte stets geboten sein, ist sie doch der Motor von allem, das, was uns antreibt. Nicht? Ich will diesen Dezember nicht zurück blicken. Melancholisch sein will ich auch nicht. Nächstes Jahr alles besser machen kann ich auch nicht. 
An dieser Stelle könnte ein gepfefferter Jahresrückblick stehen. Zynisch und humoristisch. Wo bleiben die bissigen Texte, Tigerlisa? Nun, sie verbleiben vorerst. Ich habe keine Lust zurückzublicken, ich gucke lieber nach vorne. Und Verdrängung soll ja so manchem schon zu einem unbeschwerteren Leben verholfen haben.
Jetzt ist erstmal Weihnachten. Jetzt erstmal die beruhigende Sicherheit, eine ewige Konstante im Leben wieder zu sehen. Konzentriert auf drei Tage Familie, Freunde, Geschenke, Essen und Musik. Und Trinken. Das ist gut so, wie es ist, wie es war und wie es wohl immer bleiben wird. Auf Weihnachten ist Verlass. Schade nur, dass es nicht schneit, ansonsten bin ich recht zufrieden. Blabla.

Ich habe noch eine schöne Idee in petto. Ich hoffe, ich kann sie umsetzen und hier präsentieren, trotz mangelnder Zeit (Anna hat Geburtstag). Ansonsten wünsche ich allen schöne Weihnachten mit euren wichtigsten und liebsten Menschen. Gedenkt derer, die es verdienen und seht bitte ab von Massen-SMS/What's-Apps an all eure Telefonbuchkontakte - für Menschen, die einem am Herzen liegen, sollte mehr drin sein als eine schablonesque xy Nachricht.
Für den ein oder anderen sind die nächsten Tage vielleicht eine Zeit der Nachdenklichkeit und Melancholie. Es kann wahrlich nicht schaden, ein bisschen in sich zu kehren, nachzusinnen und viel Rotwein zu trinken. (Vorsatz für 2012: Ein besserer Mensch werden und den Moment leben. [Menschen ändern sich nicht übrigens, nicht mal in zwei Absätzen]. Ende des losen Gedankenstroms zum Jahresende. Over and out. Deine Lisa.)

23.12.2011

Opa und ich

Lisa: Und Opa, freuste dich schon auf Weihnachten?
Opa: Wieso soll ich mich freuen?
Lisa: Na, weil Weihnachten ist.
Opa: Ach son Quatsch, jeder Tag ist für mich der gleiche.
Lisa: Na gut. Dann bis morgen.
Opa: Jo, tschüss.

21.12.2011

Acht Frauen, viel Glühwein, ein Film

Bei 5 Grad plus und leichtem Scheißregen mag drei Tage vor dem Fest der Liebe so gar keine weihnachtliche Stimmung aufkommen. Dem wird hoffentlich mit heutigem Abend Abhilfe geschafft. So treffen sich die Hamburger Mädchen zur fröhlichen Einkehr in Niendorf Markt bei der neuesten Zugezogenen. Es wird Feuerzangenbowle geben, den Film, es wird Glühwein und Proesecco geben für die damenhaften Frauen unter uns, es wird Salat, Dips und Baguette mit Weintrauben und Käse geben, wie bei Jules Mumm, nur besser. Und wir werden Weihnachtslieder hören, und dann folgt sie hoffentlich, die so vermisste weihnachtliche Stimmung und wir werden uns morgen alle mit unseren Koffern auf den beschwerlichen Weg in die Heimat machen und mit den Familien feiern. 

15.12.2011

1000 Millibar

Ich will nicht mehr.
Er stöhnte, starrte das Brot mit dem dünnen, gräulichen Aufstrich und zartem Senfschimmer an.
Was zum Teufel ist so Scheiße daran?
Ich mag kein scheiß Leberwurstbrot mehr. 
Er schob den Teller demonstrativ von sich weg und starrte auf den Boden.
Es war immer dein Lieblingsessen.
Es ist mir zu normal.
Was willst du dann?
Ich will Trüffeln und frische Kräuter und so Geschmacksexplosion halt.
Warum? Du kannst nicht immer Trüffeln haben!
Wieso nicht? Ich habs verdient. Ich bin besser als Leberwurstbrot. 

Es vergingen Wochen und Monate und plötzlich wachte er auf. Des nachts, mittendrin, rastlos, und sein einziger Gedanke galt Leberwurstbrot. Der intensive Geschmack von Leberwurstbrot zersetzte sein Hirn. Vermissen, in seiner sehnlichsten Form, er konnte an nichts anderes denken. Nun gut, es hätte philosophischer sein können, es hätte Adorno sein können oder der Sinn des Lebens oder dingens, wie sagt man, Geschmacksexplosion halt davon lohnt sich wach zu werden, vielleicht, aber da war nur Leberwurstbrot. Und es gab nichts, nach dem er sich mehr sehnte in diesem Moment. Diesen Bissen Leberwurstbrot. Mit einem Hauch von Senf. So wie es viele essen, Hans Peter Klein zum Beispiel. Ein Stückchen Normalität, ein Anker in der Zeit, in der alles so individuell sein muss, losgelöst, frei und unabhängig. Er wollte nichts lieber als sein Leberwurstbrot zurück. Und plötzlich verstand er, dass man im Leben viel erreichen konnte ohne das Leberwurstbrot zu verschmähen. Und plötzlich war er angekommen. Er weinte. Wegen eines Leberwurstbrotes. Kein Gedicht, keine Liebeserklärung, doch, irgendwie schon. Da, wo alle immer hinwollten, in Gedanken war er da. Zuhause, wo auch immer das war. Home is where the Leberwurstbrot is. Bei ihm lag es auf dem Teller, den er vor Monaten von sich gestoßen hatte. 

08.12.2011

Von Käsekäksen, Apfelpunsch und obligatorischen Glied-Keksen (und wie man auch mit Mitte 20 immer noch darüber lachen kann)

Die Damen der Volkskunde versammelten sich gestern, um Weihnachtskekse zu backen und Apfelpunsch zu trinken. Wir lernten dabei, dass in einen vernünftigen Keksteig Emmentaler und ein Spritzer Olivenöl obendrauf gehört und dass man Puderzuckerglasur durchaus auch mit Weißwein anrühren kann. Es gab also Orangen-Haselnuss-Kekse mit Puderzucker-Weißwein-Glasur und Käsekekse mit Olivenöl-Kräuter-Glasur. Alles bio, versteht sich. Bionatur. 

Herhalten musste dafür Kirstens wunderbar gemütliche Küche, die mit einem knautschigen Sofa und genügend Stühlen ausgestattet kurzfristig in eine Backstube umfunktioniert wurde. Vorab gab es zur Einstimmung erstmal Sekt und Pizza als Grundlage. Perfekt. Während der Apfelsaft mit Rum, Weißwein und einer geheimen gemörserten Gewürzmischung langsam vor sich hinblubberte, stieg uns am Backtisch hingegen der doch recht starke Geruch von Käse in die Nase. Tat der Stimmung aber keineswegs Abbruch. 

Kennt jemand übrigens Hirschhornsalz? Ich kannte es nicht und es wurde früher wirklich aus Hirschhorn hergestellt. (Angeblich wird ja das Knusper in Schokoknusper aus menschlichen Knochen hergestellt, hab ich mal gehört). Der beliebteste Ausstecher war eindeutig der schwedische Elch, bzw. älg, wie wir an diesem Abend lernten. Ausgesprochen Elje. Sehr hübsch. Auch die Männer, also schwedische. 

Das gute an fremden Wohnungen in Hamburg ist: Man kann so viel trinken wie man möchte, denn keiner muss fahren. Und aufräumen muss man die Schweinerei anschließend auch nicht. Jetzt kann Weihnachten kommen und Silvester und dann werde ich auch schon (..) wieder älter. Oh Gott. Naja, am Wochenende werde ich übrigens Pizzakekse ausprobieren. Eine Unterart des gemeinen Käsekeks. Man darf gespannt sein. Ich wünsche ein schönes Adventswochenende und gehe jetzt zum Ottenser Weihnachtsmarkt, um den besten Glühwein der Stadt zu trinken. Am Tallinn-Stand. Over and out.

04.12.2011

Besser, schneller, stop.

Ja, der Tag beginnt gut, wenn man seine Hausaufgaben nachts um halb 1, noch quasi haarscharf pünktlich zum Abgabe-Termin (Tag zuvor, 18 Uhr, Deadline) abgibt, fast ohnmächtig rücklings ins Bett fällt, es aber noch schafft, den Laptop behutsam zuzuklappen, auf den Stapel zerlesener Zeitungen zu legen und traumlos und erholt am Morgen erwacht, fröhlich unter der Dusche die Spuren der Nacht abrubbelt und anschließend in der Uni den letzten zu redigierenden Text vorlegt, der leider zeitlich nicht mehr von den geliebten Kommilitonen gescholten, kritisiert und verrissen werden kann. Schade. 

Das gute, alte
Spiegelselbstportrait.
Bei sommerlichen Temperaturen an diesem letzten Novembertag machten Pablo und ich uns auf den Weg zu Gregor, dem Kamerageschäft an der Alster. Ich wollte mich bezüglich eines Festbrennweite-Objektivs informieren (im Prinzip aber nur deren Top-Objektive testen, um zu schauen, ob es eher auf ein 35 oder 50mm Objektiv hinauslaufen wird). Es wurde 50mm ohne Makro – eindeutig eine Preis- und keine Geschmacksfrage. Gekauft wurde jedoch nicht, sondern zum Glück später für einen sehr guten Preis gebraucht. Hier zu sehen meine ersten Knipsversuche mit großer Blende, natürlich zu hell. Jetzt heißt es üben, üben, üben.  Macht auf jeden Fall jetzt schon viel Spaß mit dem Objektiv. Ein guter Kauf. Weiter an diesem termingespickten Tag. Zu Andronaco, meinem italienischen Supermarkt, dem Objekt meiner bacheloresquen Begierde. Pablo entschied, dass wir unbedingt Bruno Gelato Eis kaufen müssen. Und so kam es, dass wir Anfang August Dezember auf dem Parkplatz eines Supermarktes bei Nieselregen saßen und einen Liter Erdbeereis verputzten. Auf dem Rückweg stießen wir rein zufällig auf eine kleine Galerie in einem Hinterhof der Stresemannstraße und fanden uns in der tollen Ausstellung von Stephan Vanfleteren (Belgicum) wieder. Intensive Bilder, die mich sehr inspiriert haben. Was ich mit der Inspiration anfange, ist noch nicht ganz klar, aber mein neues, schönes 50mm Objektiv wird dabei sicherlich eine Rolle spielen. Und ab jetzt möchte ich auch in so einem Hinterhausloft wohnen. In Braunschweig sind die bestimmt auch total erschwinglich. So.

Michael Martin: 30 Jahre Abenteuer
Meinen letzten Arbeitstag beim NDR hatte ich Donnerstag und weil Nikolaus immer alle Bücher veschenkt werden, durfte ich mir schon an meinem letzten Tag eins aussuchen und hatte natürlich die volle Auswahl. Ich wusste, dass im vergangenen Jahr mehrere Fotografen zu Gast waren und hoffte auf ein schönes Bildband. Zum Glück wurde ich fündig. Nach dem ersten Blättern zuhause muss ich sagen: Die Wahl war perfekt, das Buch ist toll geschrieben, die Fotos sind großartig und ein ganzes Kapitel widmet der Abenteurer/Reisefotograf auch noch der Fotografie! Juchee. Nächstes Jahr heißt es also für mich: Noch mehr fotografieren, noch mehr verbessern, noch mehr lernen und irgendwann auch ein Bildband herausbringen. Das wird dann in dieser wunderbaren Galerie an der Strese ausgestellt. Oder im Mephisto. Oder gar nicht. (Positiv denken).

Ach, oh man, und das hätte ich fast vergessen! Ich wollte doch dieses tolle Video noch posten und ein schönes Restwochenende wünschen. Ich liebe Stopmotion und dieses ist besonders schön. Also bitte anschauen, die Musik und die Bilder und die Melancholie genießen und an einen noch schöneren Ort wünschen als den, an dem ihr gerade seid!
Auf die Antillen chillen oder Istanbul.
That's it for today. Over and out. Lisa B.



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