Am Sonntag sind wir, wie so oft schon dieses Jahr, von Braunschweig nach Essen gefahren. Die Welt ist im Zugfenster an uns vorbei gerauscht und Joel und ich haben schöne Gespräche geführt und einen netten Fußballfan kennen gelernt, dessen Vater bei der HAZ arbeitet. Hat man ja auch nicht alle Tage. In Essen selbst sind wir im miesesten Hotel abgestiegen. Eine Zelle, dessen Bad wir beim Duschen unweigerlich und unfreiwillig geflutet haben. Zwei Nächte durchgehalten.

Wir waren direkt im Regierungsviertel untergebracht, wo von Armut oder Kriminalität nichts zu spüren war. Entweder Anzugträger und generell sehr schick gekleidete Menschen (so muss es im Frankfurter Bankenviertel auch sein) oder geführte Gruppen begegneten uns. Irgendwie hat mich das alles an die Expo erinnert. Die Gebäude warnen so fein herausgeputzt und so auf ihre Außenwirkung bedacht, dass das alles surreal und unecht wirkte. Aber auch schön. Und wichtig.
Ich habe nach dem Besuch des Parlaments und der Kommission, den super spannenden Vorträgen der Referenten (die im Übrigen zum Großteil selbst Referenten in den Kabinetten der Kommission waren), wirklich sehr großen Respekt vor diesen Machtmenschen. Lasst Politiker sein, wie sie wollen, aber dieser Spirit, der uns aus allen Ecken entgegenstrahle, war schon sehr beeindruckend - und doch so divergent wie Brüssel selbst. Denn einerseits haben es unsere Referenten wirklich alle geschafft, mich für die europäische Idee zu begeistern und andererseits sollte nicht verschwiegen werden, dass die Frustration sehr, sehr groß ist. Unser Korrespondent sagte sogar: Ich glaube, die EU wird Schiffbruch erleiden. Das fasst das Dilemma ganz gut zusammen, schließlich driften doch die nationalen Gedanken gerade immer stärker vom Gemeinsamgedanken ab. Das Referendum der Schweiz ist ja nur ein momentan aktuelles Thema einer großen Debatte. Na, wie dem auch sein. Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil über die EU erlaubt. Aber ich kann sagen: Ich bin beeindruckt.


Anschließend haben auch wir Bayern gegen Arsenal geschaut. Aber immerhin in einem anderen, total netten Pub. Dem Celtica (Bier für einen Euro, yes).
Das klingt zwar alles wie Klassenfahrt, hatte auch ein bisschen das Feeling mit dem Reisebus und dem vielen Bier, aber unser Programm war trotzdem hammerhart. Von 9 Uhr bis 19.30 Uhr Vorträge und Diskussionen. Man hatte quasi keine Wahl, als anschließend mit einem Bier abzuschalten.
Das hier links ist übrigens nur der erste Teil des Programms von Dienstag. Wirklich spannend. Ohne zu übertreiben, würde ich mal tippen, dass ich von der EU nun mehr Ahnung habe als die meisten meiner Freunde. Und das soll keine Selbstbeweihräucherung sein, sondern zeigt das Debakel der kommenden Europawahl (25. Mai) - kein Mensch weiß so richtig, was er da überhaupt wählt und vor allem, was er überhaupt davon hat. Die Leut bekommen von der EU nicht so richtig etwas mit, es ist eine diffuse lila Wolke in der angeblich hässlichsten Hauptstadt Europas, von der man nur weiß, dass sie feine Schokolade und tausend Sorten Bier herstellt.
Hier ein Beispiel für das expohafte der EU-Kommission.
Ein bisschen funky funky am Großen Markt, dem Touristen Hot Spot in Belgien (das Rathaus ist beleuchtet und besoffen aber auch wirklich wunderschön).
Drei von mehr als tausend Sorten. Waase Wolf fand ich gar nicht übel. Manche Etiketten sehen so dilettantisch und schrottig aus, dass man es kaum fassen mag, wie die sich verkaufen können.
Besagter Großer Marktplatz. Nicht im Bild: Das Rathaus.
Diese Schilder und die vielen Sprachen, der fremde Biergeschmack und die vielen Gerüche (an jeder Ecke gibt es belgische Waffeln und die sind wirklich sehr, sehr lecker). Ich fiel kurz in ein kleines Traurigkeitsloch, weil ich einfach gemerkt habe, wie wenig ich durch den Job verreise, obwohl doch so viele wunderschöne Orte nur ein paar Autostunden entfernt liegen. Man verreist zu wenig. Manchmal reichen zwei Tage frischer Wind um die Nase und es geht gleich wieder mit der Laune bergauf. So auch in Brüssel.
Yes. It's him.
Eine langgezogene Schwulenstraße gab's auch in Brüssel, spätestens an dieser riesigen Wall-Art zu erkennen. Zur Not aber auch an den zig Regenbogenfahnen.
Dass Brüssel sehr international ist, war klar. Und deswegen greifen recht viele Restaurants zu dem seltsamen Kniff, ihr Essen in Form einer Plastikabbildung zu präsentieren. Wir haben selbstverständlich nicht hier gegessen.
Ein bisschen Braunschweig ist überall.
Nicht ganz wie damals in Portugal, aber Fliesen an Häusern finde ich wirklich hübsch.
Dieses Bild ist zwar nicht schön (alles übrigens Handyaufnahmen, die Kamera habe ich in Deutschland gelassen), aber es zeigt das, was ich anfangs versucht habe zu beschreiben: Neben den vielen kleinen belgischen Häuschen türmens ich die Glaskästen und reißen die Baustellen große Löcher ins Stadtbild.
Heinz Erhardt war auch mal Kommissionspräsident...
Im Regierungsviertel leben Spaßbremsen. Boarden war nicht erlaubt, Skaten war nicht erlaubt, Radfahren war nicht, ….
Wenn da noch blauer Himmel gewesen wäre, wäre diese Ecke ziemlich passabel optisch gewesen. Ist sie auch so schon.
Na, was kostet so ein kleines Macarönchen? 1,30 Euro. Selbst wenn man sich Mühe gibt, sind das nicht mehr als zwei süße Happen. Aber es waren schöne zwei kleine Happen und lecker war er auch, der Macaron. Geschmacksrichtung: Pistache.
So, nach langer Zeit konnte ich endlich mal wieder ein bisschen schrieben. Und demnächst berichte ich mal, was sich gerade im Hintertürchen so alles tut.
Over and out.
1 Kommentar:
"Oder wie New York, die Stadt mit dem ganz speziellen Duft."
Ich kann mich an folgende Überschrift in deinem Blog erninnern: "New York stinkt"
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