17.11.2011

Von Moos, Lampen und kolumbianischem Temperament

I. Bauhof
Andere tragen mit 14 Jahren Zeitungen aus, ich nicht. Ich war mitten in der Pubertät und auf dem Bauhof. Nicht Bauernhof, sondern Bauhof. Wo richtige Kerle arbeiten, die sich morgens um 6 Uhr die schwarzen Lungen freihusten, um dann die erste Kippe anzustecken. Pott Kaffee auf dem dreckigen Arbeitstisch und erstmal BILD Horoskop lesen. So begann zwei Wochen lang jeder Arbeitstag in den heiligen Sommerferien für mich. Ich habe damals viel über stereotype Deutschlandbilder gelernt, anzügliche Sprüche und die schmutzigsten Witze. Ich war 14 und brauchte Geld, sagten zumindest meine Eltern: Lisa, es wird Zeit für einen Nebenjob. Also ging ich auf den Bauhof. Zwei Wochen können verdammt lang werden. Von morgens 6 Uhr 30 bis nachmittags 15 Uhr fuhr ich mit Männern, die Sterni und Ferdi hießen, und das meine ich ernst, in einem orangenen Bauhoftransporter durch die Gemeinde von Friedhof zu Friedhof, der eine hatte gar keine Zähne und erzählte stolz von einer der vielen alkohollastigen Episoden in seinem Leben, wo er sturzbesoffen mit dem Fahrrad auf der Autobahn nach Braunschweig gefahren ist, der andere nannte den anderen immer nur Sack. Ich harkte zwischen den Gräbern das Moos weg, bei sengender Hitze, beschnitt Hecken, kratzte vor dem Haus unserer Schulleiterin und auf allen Verkehrsinseln mit orangener Warnweste bekleidet das Unkraut weg. Seitdem ist mein Blick für Unkraut geschärft. Ich kenne die Tricks. 

II. Möbelgeschäft
In der Lampenabteilung bei Frau G. zu arbeiten kann amüsant, bisweilen aber sehr anstrengend sein. Zweiteres traf meistens zu, wenn ich bei 40 Grad Lampenhitze von der hyperaktiven Chefin runter ins Lager geschickt wurde, immer begleitet mit den Worten Tütütü, Lisachen, auf auf! um Stehlampe 6632 aus Regal 3, Brett 5 zu holen. Dort war es dreckig und vor allem kalt, jedes Mal die Gefahr einer Lungenentzündung, anderthalb Jahre lang. Unter den Fittichen der Geschenkeabteilung-Damen. Von der die eine so manikürte Fingernägel besaß, dass sie das Paketband stets mit ihren Händen aufriss, damals imponierte mir das noch, aber ich hatte auch unheimlich Angst vor ihr. Das Schlimmste war immer die Leonardo-Gläser-Regale zu putzen. Was für ein Aufwand und ohne Streifen. Sonntags war Schausonntag, wir mussten also durch die Sofabteilung laufen, nicht stehen bleiben, nicht sitzen, nicht essen, nicht trinken und immer ein Adlerauge auf die Sofas, damit keiner eins klaut. Es lief grundsätzlich eine CD, deren Reihenfolge ich immer noch kenne, da sie nur aus 5 Liedern bestand und 5 Stunden lang in Endlosschleife lief. Auf meine Anstrengung hin, selbst eine CD zu erstellen, wurde nur mit Fassungslosigkeit reagiert. Seitdem ist mein Blick für Staub auf Glasregalen geschärft, ich weiß aber immer noch nicht, wie man streifenfrei putzt.

Fortsetzung folgt...

1 Kommentar:

Anna-Lena hat gesagt…

Ich muss gerade richtig über den zweiten Teil lachen... Das waren Zeiten.

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