30.10.2011

Neulich im Schrebergarten

Den schönen Herbstsonntag habe ich genutzt, um mit Oma und Opa nachmittags einen Ausflug nach Peine zu machen. Erst Friedhof, dann Verkaufsoffener Sonntag und abschließend Kaffee und Christstollen bei den alten Nachbarn. Wie man das eben so macht. (Und wie man nach solchen Besuchen stets mit einem Plus nach Hause kommt, weil man einen Schein heimlich in die Hand gedrückt bekommt, es aber niemandem verraten soll). In dem kleinen Wohnzimmer waren wir 5 zusammen 335 Jahre alt.
Szenen eines Kaffeeklatsches:

1.
Marlene: Ja, kann ich euch denn noch was zu trinken anbieten? Bierchen? Horst?
Horst: Nein, danke. Kaffee reicht mir.
Marlene: Fritz?
Opa: Nee, Bier hatte ich heute morgen zum Frühstück schon.
Lisa: Was? Wieso?
Opa: Ja, weil ich Durst hatte.
Lisa: Achso.

II.
Horst: Jetzt müssen Sie mir eins erklären. Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen diesem Bachelor und diesem Master?
Lisa: Erst macht man den Bachelorabschluss und den Master dann im Aufbau. Für einige Berufe wird der Master vorausgesetzt, in anderen kann man aber auch mit dem Bachelorabschluss arbeiten. Ähnlich wie Geselle und Meister.
Opa: Und wann machste jetzt deinen Matschelor?

III.
Marlene: Und dann haben wir noch Rosel und Herbert beim Einkaufen getroffen.
Oma: Was? Der Herbert ist doch schon lange tot.
Marlene: Ach was, den habe ich doch beim Einkaufen mit Rosel getroffen!
Horst: Nee, du verwechselst da was. Die hat doch was von Lebenspartner oder so gesagt. Das war ihr Lebenspartner.
Marlene: Nein, das war der Herbert!
Opa: Quatsch, der Herbert ist tot!
Horst: Ja, der Herbert ist tot.
Oma: Na das meine ich aber auch!
Marlene: Nein, der ist nicht tot, der geht doch noch einkaufen!

27.10.2011

In Zeiten der Nudel zwischen den Beinen I

Damals, als ich noch ein junges Mädchen mit blonden Haaren war und auf Fotos frisch und unverbraucht aussah, hatte ich immer Angst vor der Zeit, wenn ich mich mit meiner besten Freundin zum Kaffee trinken treffe, um danach gemütlich durch den Garten zu schlendern und über Blumen zu reden. 

Mittlerweile sehe ich auf Bildern aus, als hätte ich bereits zwei Promille und die Nacht durchgetanzt, dabei ist es erst 8 Uhr abends und ich bin Fahrer. Ich bin nicht mehr blond, sondern grün brünett. Ich mag Kaffee, weil die Geschmacksknospen abgestumpft gereift sind. Ich tausche Kochtipps mit meiner Mutter aus, habe eine Fettweg-DVD im Regal liegen (aber ich schwöre, das war eine Frauenzeitschriften Financial Times Beilage und ich habe sie noch fast nie benutzt) und habe in Erwägung gezogen, mich für einen Yoga-Kurs anzumelden (ich berichtete). 

Um zu meiner Ehrenrettung beizutragen: Der Yoga-Kurs ist es letztlich nicht geworden. Um mich für die Männerwelt für immer unattraktiv zu machen: Stattdessen mache ich jetzt Aqua-Gymnastik. Jep. Nicht Aqua-Fitness, Aqua-Cycling oder Aqua-Zumba, was es sicher bald geben wird. Es ist keine Trendsportart für flotte Frauen Mitte 50. Es ist einfach Aqua-Gymnastik, eine Sportart ohne Trend für Frauen mit echt langen Schamhaaren (Mitte 60). Ähnlich wie bei Gymnastik und Tanz bei Frau Sachs weht bei dem Wort Aqua-Gymnastik der Muff von alten Ranzschwimmbädern, Fußpilz und lüsternen Bademeistern durch den Raum. 

Es folgt der erste Teil eines Berichts über den Kampf gegen Cellulite und militärische Gymnastiklehrer zur Lage der Nation. 

Aqua-Gymnastik. Die Krankenkasse übernimmt 80 Prozent der Kosten. Ein Indiz, dass es sich um keinen Trendsport handelt. Coole Sportarten werden nicht subventioniert, sie sind gefährlich und nicht gesundheitsfördernd. Kieser Training zum Beispiel wird von der Krankenkasse subventioniert. Kieser Training ist auch nicht cool, sondern gut für den Rücken. Kieser Training ist für vernünftige, gesundheitsbewusste alte Männer, Aqua-Gymnastik ist für alte Frauen mit Cellulite und - wie ich schon erwähnte - Schamhaaren, die ersteres loswerden wollen. Und natürlich für die Gelenke. Genau das richtige also für zwei sportbegeisterte alte Frauen wie Pia und mich. Cellulite haben wir kaum nicht, über zweiteres wird geflissentlich geschwiegen. Aber es ist im Wasser und wir haben wenig Geld, uns also angemeldet und gestern das erste Mal mitgemacht. Statt ein technisch vollaufgerüstetes, hochmodernes Hamburger Topschwimmbad vorzufinden, fanden wir uns um kurz vor sieben in unseren zwei zum-Sonnen-aber-nicht-zum-Schwimmen geeigneten Bikinis bibbernd in einem heruntergekommenen, ockerfarbenen Kinderschwimmbecken wieder, das zwar von weitem tief, von nahem aber nur bis zum Bauchnabel reichte. Auf der Suche nach unserem überaus attraktiven Gymnastiklehrer ging ich immer wieder an einem alten Mann mit Plautze, Glatze und knallroter Speedo vorbei, bis mich jener Ansprach: Haben Sie Ihren Studentenausweis für den Kurs mit? 

Fortsetzung folgt..


Tempi Passati

Blütenfrohe Jugendzeit,
als mein Bauch ein Brett war,
weil die Folge guter Kost
Wachstum und nicht Fett war.
Seit sich das geändert hat,
was nicht grade nett war,
seufz ich der Verlornen nach,
golden, doch unrettbar.

Robert Gernhardt

25.10.2011

Da sitzt man im Bus und ahnt nichts Böses...

Liebesgedicht

Kröten sitzen gern auf Mauern,
wo sie auf die Falter lauern.

Falter sitzen gern an Wänden,
wo sie dann in Kröten enden.

So du, so ich, so wir.
Nur - wer ist welches Tier?

Robert Gernhardt

24.10.2011

Der Tag fast am Meer


Der Zähe

Wo du auch hingehst -
Ich bin schon da.

Wie weit du auch wegläufst -
Ich bin dir nah.
Wo du auch reinfällst -
Ich hol dich raus.

Nenn du mich nur Ratte -
Ich nenn dich Maus.

               Robert Gernhardt

20.10.2011

Samstagabendfieber

Feine Dame in St. Tropez
Wenn mit großen Feuerwerken
Bürger froh das Dunkel feiern,
sich an Bier und Fleischwurst stärken
und in die Rabatten reihern.

Wenn sie in den Handschuhfächern
kundig nach Kondomen tasten,
und die breiten Autos blechern
strahlend ineinanderhasten,

Wenn in Häusern bunte Schatten 
herrlich aufeinander schießen,
sich verprügeln, sich begatten,
bis die letzten Kinos schließen,

Wenn dann in zu lauten Räumen
viele Menschen sich bewegen
und beim Lärmen davon träumen,
stumm ineinander flachzulegen,

Wenn am Ende Franz und Frieda
glücklich in der Falle liegen -:
Wer gedenkt dann jener, die da
noch eins in die Fresse kriegen?
        
                           Robert Gernhardt

Ich finde, die Leute sollten mehr Gedichte lesen. Ich bin ein großer Fan der Dichtkunst, aber und vor allem der humoristischen. Heinz Erhardt ist groß, Loriot ist größer, aber vergessen will ich nicht Robert Gernhardt, der leider auch schon viel zu früh verstorben ist. Und weil ich ihn so mag und weil seine Gedichte wirklich toll sind (subjektive Empfindung), beende ich ab jetzt jeden Post, den ich in nächster Zeit ob der frischgewonnenen neuen Inspirationen schreiben werde, mit einem Gernhardt Gedicht. Das habe ich mir vorhin überlegt. Und weil das oben ziemlich lang war, ende ich diesen herbstlichen Post mit einem weiteren, etwas kürzeren Gedicht Gernhardts:

Mondgedicht

.., -
fertig ist das Mondgedicht.

                      Robert Gernhardt

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