04.11.2012

Überdosis Fotografie

Spontan zur deutschen Fotografie fallen mir zwei Namen ein. Peter Lindbergh und Jim Rakete. Lindbergh eine imposante Erscheinung mit stattlicher Leibesfülle, Modefotograf, Rakete schelmisch und jungenhaft, Portraitfotograf, unbedingt analog, meist schwarz weiß. Nach dem einen ist sogar ein Tanzschuppen in Braunschweig benannt worden, der andere hat jetzt bis Dezember eine Ausstellung im städtischen Museum in Braunschweig. Stand der Dinge heißt sie und zeigt über 100 Portraits von Leuten aus Film und Fernsehen mit ihrer Lieblingsrequisite. Ich bin ein Fan von Jim Rakete, wenn man das so sagen kann. Seit ich den Film "Mein Leben" über ihn gesehen habe und nicht nur seine Fotos atemberaubend, sondern auch seine Art ziemlich dufte finde. Heute war Ausstellungseröffnung und ich bekam dank Micha und Gela und einer glücklichen Fügung eine exklusive Einladung und Herr Rakete kam auch. Whuaaah! Nun ist es ja so, dass ich anderthalb Jahre Promibetreuer beim Norddeutschen Rundfunk war und da eigentlich echt ein harter Hund wurde, was Hype und Kult um manche Leuten betrifft, aber heute war ich wirklich aufgeregt.



Ich entschied mich schon gestern Abend für ein dunkelblaues Kleid mit orangenen Punkten und PopArt am Saumen. Bisschen schick, bisschen nonchalant, bisschen dell'arte. Dazu eine schwarze Strumpfhose und meine grünen Boots. Zack. Bohème. Naja, zumindest war das mein Plan. Wie dem auch sei, auf jeden Fall wurde jeder Gast mit Handschlag von den zwei Organisatorinnen begrüßt und ich habe mich besser auch gleich vorgestellt. Schließlich handelt es sich um eine Ausstellung des Presseclubs Braunschweig (deswegen die Wahl meines Kleides, irgendwie muss man im Gedächtnis bleiben - so zumindest mein Gedanke). Kam mir ziemlich wichtig vor, so mit meiner Einladung in der Hand, auch wenn ich es nicht war. Schein ist alles manchmal.

Es gab Champagner, Weiß- und Rotwein, Würstchen im Schlafrock und anderen Fingerfoodkrams, viele ältere, gut situiert aussehende Menschen mit einer Affinität zur Kunst- und Kulturszene. Ich mitten drin und zwar ehrfürchtig, interessiert und gespannt. Ich mag Kulturszenen, generell würde ich fast sagen. So viele kreative und oder gebildete Köpfe auf einem Haufen. Nach einigen Grußworten folgte ein Interview mit dem Künstler und - nicht ohne mir noch zwei Würste im Schlafrock abzustauben - wanderten die Gesellschaft und ich anschließend ins Nebengebäude zur eigentlichen Ausstellung. Erst proppevoll, leerten sich doch allmählich die Räumlichkeiten und man konnte in Ruhe die großen Fotografien von Christoph Waltz über Axel Prahl bis Hannelore Elstner begutachten.

Ich habe mir dann gleich noch gegen eine kleine Spende das übergroße Ausstellungsplakat gesichert. Einfach weil es ein geiles Bild und Bleibtreu ein cooler Hund ist und weil diese morgendliche Überdosis Kultur für mich etwas ganz Besonderes war und mich dieses Plakat so immer daran erinnern kann.

Warum hat es mir so viel bedeutet?

Weil ich Fotografie liebe und weil ich Fotos liebe. Weil ich Fotografen als grundsätzlich sympathische Menschen empfinde und Ehrfurcht vor ihrer Kunst  und ihrer Profession habe. Weil bedeutende Leute dort waren aus der Kultur- und Presseszene Braunschweigs. Weil ich irgendwann dazu gehören möchte.





Ich habe ja noch nie wirklich Menschen fotografiert. Aber ich finde Portraitfotografie unheimlich spannend. Ich liebe zum Beispiel die ausdrucksstarken Bilder von dem belgischen Fotografen Stephan Vanfleteren. Seitdem ich in einer Ausstellung von ihm war, will ich meinen Opa fotografieren - ich weiß auch nicht, woher die Assoziation kommt... ähem. Menschen fotografieren ist wohl so ziemlich das schwerste, was es gibt. Schließlich sind wir alle eitel, hochauflösende Kameras undankbar. Es ist also erstmal schwer, willige und gleichzeitig spannende Modelle zu finden, dann noch Feingefühl im Umgang mit der Eitelkeit zu besitzen und ein gutes Foto zu schießen. Aber angespornt von den Fotos heute Morgen, möchte ich es diesen Winter mal probieren. Ich fänds ganz wunderbar, wenn sich Freiwillige bereit erklären würden, sich vor meiner Linse ein wenig zu präsentieren. Denkt mal drüber nach. So, jetzt reicht es auch erstmal mit dem ganzen Kunstgelabere. Ich hoffe, ich konnte einign Leuten den Besuch in der kleinen  Ausstellung von Jim Rakete schmackhaft machen.

Wenn nicht, trotzdem noch einen schönen Abend.
Over and out.

4 Kommentare:

Pablo hat gesagt…

Das klingt alles so wunderbar, das ich nur noch neidischer werde als ich doch eh schon bin.

Danke für den ausführlichen Bericht, den ich ja auch unbedingt haben wollte! (Aber wo ist das Bild von dir im dunkelblauen Kleid...?)
Ich bin mir sicher, irgendwann wirst auch du zu diesen Kunstmenschen gehören!

Lisa hat gesagt…

Hey, danke Pab!
Das Kleid zeige ich dir mal persönlich ;)

Dazu gehören vielleicht nicht, aber dabei sein erstmal ist auch in Ordnung. Wollte mir eben das Vanfleteren Buch bestellen. Gibt es bei amazon gebraucht - für 640 Euro. Schade.

Pablo hat gesagt…

(Auf das Kleid komme ich zurück!)

Da es das Buch jetzt nur noch für 900€ gebraucht gibt (http://www.amazon.de/Portret-1989-2009-druk-Stephan-Vanfleteren/dp/9020984837/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1352150512&sr=8-1) gehe ich einfach mal davon aus, dass du zugeschlagen hast. Sehr schön, Glückwunsch. Ich hoffe ich darf mal rein schauen. :D

Lisa hat gesagt…

nee, ich meine das belgicum buch! doch 690 euro, knapp am budget vorbei:

http://www.amazon.de/Belgicum-David-Van-Reybrouck/dp/9020971212/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1352152562&sr=1-1

komm bald nach hamburg und bring vielleicht den japaner, den vietnamesen und den argentinier mit :)

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