17.07.2013

Die mit dem roten Halsband

Zunächst die gute Nachricht. Ich transkribiere momentan das Interview mit Markus, das ich gestern am Telefon geführt habe. Leider war ich so intelligent und habe das Diktiergerät nicht direkt neben den Lautsprecher gelegt, sodass ich mir fast einen Wolf abhöre, um seine Antworten zu verstehen und auf der anderen Seite einen halben Herzinfarkt erleide, wenn dann meine Stimme klar und deutlich daherdonnert. Grausam. Na jedenfalls schreibe ich also meiner lieben Familie daheim, dass ich gleich den Markus interviewe und mir gerade einen Leitfaden für die Interviewfragen überlegt habe. Demnach soll meine erste Frage lauten: "Bitte beenden sie folgenden Satz so, wie ihn wohl die meisten Deutschen beenden würden. Mein Maserati fährt 210..." Ich fand das ganz witzig, meine Mutter aber nicht. Sie meinte, vielleicht habe er die Frage schon tausend Mal gehört, ich solle ihn lieber fragen: Wann haben Sie das letzte Mal vor Freude geweint? 
Oh man, ich fand das so witzig. Ich habe mir kurz vorgestellt, wie ich sage: Herr Mörl, wann haben Sie das letzte Mal vor Freude geweint? Finde nur ich das witzig, weil ich in der Interviewsituation war? Was letztlich aus dem Interview geworden ist, wird natürlich an dieser Stelle nicht verraten, sondern ist demnächst irgendwann in der Salzgitter Zeitung zu lesen (wenn ich denn mal fertig werden). 

Nun also zu meinen spontanen Hirngespinsten, die mich dazu veranlassten, mich für den 27. Oktober zum 10-Kilometer-Lauf beim Braunschweig-Wolfenbüttel-Marathon anzumelden. Erst einmal sei gesagt, die Reaktionen gingen von "Ok, Lisa, das schaffst du niemals" zu "geil man, ich unterstütze dich". Ersteres war die überwiegende Meinung (nur eine Person glaubt an mich). Weil ich unsportlich bin. Weil ich nicht mal zwei Kilometer am Stück laufen kann und das auch nur eher im Nordic Walking Tempo. Weil ich ungelenkig bin und bei gestreckten Beinen mit meinen Armen nicht mal ansatzweise den Boden berühren kann und sogar mein Hausarzt mal meinte, das ist nicht Ihr ernst, Frau Bertram (und es mir dann vorgemacht hat). Weil ich nie etwas durchhalte und weil (und das ist eine sehr traurige Geschichte eigentlich) mein Vater immer wieder gerne erzählt, wie verblüfft er doch war, als ich vor etlichen Jahren bei einer Sportveranstaltung eine saubere Rolle vorwärts hinbekommen habe - das hätte er mir bis dahin gar nicht zugetraut.

Von einer sauberen Rolle vorwärts zu einem 10-Kilometer-Lauf ist es ein weiter Weg. Das ist mir bewusst. Das kann ganz schön anstrengend werden. Es sind noch gut drei Monate. Am Sonntag habe ich mit dem Training begonnen und jetzt, in diesem Moment, liege ich platt wie ein Plattfisch im Bett, zu meiner rechten ein heißer Pott Pfefferminztee, zu meiner linken eine große Schale mit Erdbeeren. Ich kam just vor 20 Minuten vom Schwimmen im Hallenbad Gliesmarode (wird leider abgerissen, aber das ist noch eine andere traurige Geschichte). 

Natürlich, da bin ich ehrlich, war der Lauf im Oktober nicht ursprünglich meine Motivation, Sportgeist zu erwecken. Nein. In einem Monat ist die Hochzeit meines besten Freundes (ähnlich wie der Film, nur dass ich nicht aufspringen und protestieren werde). Ich möchte dann mein rotes Kleid anziehen. Und zwar dieses hier -> 

Ich liebe dieses Kleid. Und ich hasse neue Kleider zu kaufen für derlei Anlässe. Ich passe halt nicht mehr ganz so geschmeidig rein, das ist der Punkt. Deswegen habe ich mit Spocht angefangen. Und dann hat sich meine Nachbarin Marianna zum Marathon angemeldet (dem richtigen, 42 Kilometer Marathon) und ich ziehe einfach mit einem Viertel der Streckenlänge mit und wir trainieren jetzt zusammen. Da sie ein Sportass und ich ein Sofamensch bin, können wir natürlich nicht auf dem gleichen Level trainieren. Deswegen kurbel ich jetzt erstmal meine schlafenden Muskeln generell an und übe mich in Konditionstraining und solange ich nicht mal 5 Kilometer mithalte, fahre ich die Hälfte des Trainings auf dem Fahrrad nebenher und für Außenstehende sieht es so aus, als würde ich sie coachen. Ich war eben schon immer gut in so tun als ob. Noch eine Sache zum Schluss. Ich mag vielleicht unsportlich sein, auch wenn ich von Weitem nicht so aussehe. Ich mag vielleicht öfter mal aufgeben, aber in manchen Lebenslagen kann ich mich in Sachen verbeißen und solange kämpfen, bis ich es kann oder habe. Man kann alles schaffen, wenn man es nur wirklich will. Das ist keine Floskel, das ist so. Deswegen habe ich auch meine Bachelorarbeit geschafft. Und deswegen lasse ich mich nicht unterkriegen, und wenn ich in dieses verdammte Ziel kriechen werde nach drei Stunden - ich kriege meine Medaille! Es ist keine Utopie, nur im Moment. Sportlich, schlanke, ehrgeizige, utopische Grüße. Ab und zu gebe ich hier mal den Trainingsstand durch.

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